Heute schauen wir uns an, welches Potential in den Fotos anderer Fotografen steckt.

Du kennst folgende Situation sicher aus eigener Erfahrung: Du blätterst durch die Fotos in der fotocommunity – ein Foto gefällt Dir und Du schaust es Dir länger an, ein anderes Foto gefällt Dir überhaupt nicht und Du blätterst schnell weiter. Nach einer Weile hast Du zwar viele Fotos gesehen, aber hast Du auch etwas für Dich mitgenommen außer das Gefühl, viele schöne oder weniger schöne Fotos gesehen zu haben? Es lohnt sich, jedem Foto, das Du siehst, mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, denn Du kannst aus jedem Foto sehr viel für Deine Fotografie lernen.

Vielleicht kommt Dir folgender Dialog zwischen zwei Bildbetrachtern bekannt vor oder vielleicht hast Du einen ähnlichen Dialog bereits selbst geführt?

A: Boah, das Bild gefällt mir gar nicht.
B: Echt? Warum nicht? Ich finde es klasse.
A: Keine Ahnung, ich finds einfach nur blöd. Gefällt mir halt nicht.
B: Ok? Kannst du gar nicht sagen, warum das nicht gefällt?
A: Ne, ist halt so. Ich finds eben nicht gut.

A verpasst unbewusst eine große Chance zu lernen, indem er/sie Fotos, die nicht gefallen, zur Seite legt und sich nicht weiter damit beschäftigen will. Dabei sind gerade die Fotos, die Dir persönlich nicht gefallen, für Deine fotografische Entwicklung extrem wertvoll. Es lohnt sich also ein zweiter Blick auf diese Bilder! Denn eine Abneigung hat immer objektive Gründe, die sich darin zeigen, was Du selbst an gleicher Stelle anders gemacht hättest.

Wichtig: Hier geht es nicht darum, ob Dir das abgebildete Motiv gefällt: eine schöne Blume, ein schönes Gesicht, oder „ich mag Sonnenuntergänge“. Im Fokus steht hier das Foto und seine Gestaltung, die Linienführung, die Anordnung der Bildebenen, die Positionierung des Motivs usw.

Bei der Betrachtung von Fotos sind folgende Fragen für das eigene Lernen extrem hilfreich:

  1. Warum gefällt es mir nicht? / Warum gefällt mir das Foto?
    Bitte betrachte dabei nicht das Motiv (schöne Blume, ich mag Sonnenuntergänge) sondern konzentriere Dich auf die Gestaltung des Fotos an sich.
  2. Welche Dinge stören mich besonders? / Welche Dinge gefallen mir sehr gut?
    Auch hier gilt es, die Gestaltung des Fotos an sich zu betrachten.
  3. Was empfinde ich, wenn ich das Foto ansehe?
  4. Welche Bildaussage hat das Foto für mich?
  5. Was hätte ich anders gemacht?
    Benenne konkret, welche Änderungen Du vornehmen würdest: (Symmetrieachse einhalten, tiefere Perspektive, Bildelemente weglassen…). Haben diese Änderungen Auswirkungen auf die Bildaussage oder das Empfinden beim Betrachten des Fotos?

 

Dabei geht es nicht unbedingt darum, mit fotografischen Grundsätzen zu jonglieren oder Lehrsätze zu rezitieren. Meist reicht schon das Aussprechen von vagen Gefühlen wie: „Das ist mir zu konfus und zu wirr.“, „Ich finde das Bild langweilig!“ oder aber auch „Ich hätte das Bild niemals gemacht!“.
Im Umkehrschluss und positiv formuliert liest man dann folgendes: „Ich hätte das Bild mehr strukturiert und klarer gestaltet, indem ich…“ oder „Ich hätte das Bild spannender aufgebaut, indem ich …“.

Diese Art der Auseinandersetzung mit den Fotos anderer Fotografen hilft Deiner Fotografie ein großes Stück weiter! Denn Du hast dadurch bereits ein besseres Bild in Deinem Kopf. Und zu wissen, was Du nicht möchtest, ist ebenso ein großer Gewinn.

Nachfolgend siehst Du eine weitere Aufnahme des Faro Fuencaliente.  Wie beantwortest Du für dieses Foto die Fragen aus diesem Artikel für Dich? Du kannst die Antworten gern in den Kommentaren mit allen teilen.

Quelle: fotocommunity